Gesetzentwurf

Die Gründungsorganisationen der Schweizerischen Vereinigung für gemeinsame Elternschaft haben im Juni 2007 den Gesetzentwurf für die Verankerung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung im Gesetz vorgestellt.  Seither haben wir diesen Entwurf in einzelnen Detailfragen gezielt weiter entwickelt, ohne jedoch an den Grundsätzen etwas zu verändern.

Nachstehend finden Sie die Gesetzestext. Ausführliche Überlegungen zu den einzelnen Paragraphen finden sie in diesem Dokument.

Auf einer weiteren Seite haben wir die wesentlichen Argumente pro und contra gemeinsame Elternschaft für Sie zusammen gestellt.

 

Gesetzestext
Gesetzliche Regelung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung

Der Gesetzesvorschlag besteht aus den folgenden neuen Artikeln:

 

nArt 297 ZGB Elterliche Verantwortung: Grundsatz

1Vater und Mutter sind unabhängig von ihrem Zivilstand gleichermassen für die Betreuung und die Erziehung ihres Kindes verantwortlich.

2Das Gericht kann die Ausübung der elterlichen Verantwortung eines oder beider Elternteile nur aus wichtigen Gründen einschränken oder entziehen und nur solange diese Gründe gegeben sind.

3Eine zuvor bestehende Sorgerechtsregelung ist an das geltende Recht anzupassen, wenn innert zwei Jahren nach dessen in Kraft treten ein Elternteil dies verlangt.

nArt 297a ZGB Elterliche Verantwortung: Ausgestaltung

1Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, trennen sie sich oder lassen sie sich scheiden, haben sie sich in einer Vereinbarung über ihre Anteile an Betreuung, Unterhalt und Erziehung des Kindes sowie die künftige Regelung von Konflikten zu verständigen.

2Die Eltern tragen dabei den Interessen des Kindes Rechnung und berücksichtigen dessen Wünsche nach Massgabe seines Alters und seiner Reife.

3Die Kantone regeln die Einzelheiten des Verfahrens und bezeichnen die Stelle, welche die Erarbeitung der Vereinbarung überwacht.

4Die Vereinbarung erhält mit der Anzeige an die zuständige Stelle bzw. durch das Urteil des Gerichts Rechtskraft.

 

nArt 297b ZGB Vermittlungsverfahren

1Können sich die Eltern bei Fragen der Betreuung des Kindes, der Verteilung der Unterhaltszahlungen oder bei anderen wichtigen Entscheidungen für das Kind nicht einigen, haben sie sich einem Vermittlungsverfahren zu unterziehen.

2Die Kantone stellen sicher, dass das Vermittlungsverfahren rasch und kompetent durchgeführt wird und schaffen das dafür nötige Angebot. Sie berücksichtigen dabei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern.

 

nArt 297c ZGB Fehlende Einigung

1Das Gericht kann bis zum Abschluss einer Vereinbarung über die Gestaltung der elterlichen Verantwortung wichtige Angelegenheiten provisorisch regeln.

2Es trifft auf Antrag eines Elternteils innert zwei Wochen eine provisorische Regelung.

3Können sich die Eltern nicht über den Umfang der Betreuung des Kindes einigen, üben beide Elternteile die Betreuung des Kindes je zur Hälfte aus, sofern nicht wichtige Gründe dagegen sprechen.

4Das Gericht hört die Betroffenen an, berücksichtigt deren Verhalten im Vermittlungsverfahren und entscheidet über die weiteren Einzelheiten sowie über die Verteilung der Unterhaltskosten.

5Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören, sofern es dies nach Art der Angelegenheit als notwendig erachtet und keine schwer wiegenden Gründe dagegen sprechen. Es stellt sicher, dass die Anhörung dem Alter, der Reife und den Lebensumständen des Kindes entsprechend erfolgt.

6Das Gericht kann Massnahmen anordnen, um eine einvernehmliche Lösung zwischen den Eltern zu fördern oder eine kindgerechte Ausübung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung zu gewährleisten.

 

nArt 297d ZGB Abänderung der Vereinbarung

1Sind sich die Eltern über eine Abänderung der rechtskräftigen Vereinbarung über die Gestaltung der elterlichen Verantwortung einig, zeigen sie diese der zuständigen Stelle an.

2Macht eine wesentliche Veränderung der Lebensumstände der Eltern oder des Kindes eine Abänderung der Vereinbarung notwendig und können sich die Eltern nicht einigen, gelten die Bestimmungen über die Pflicht zur Teilnahme an einem Vermittlungsverfahren und die Zuständigkeit des Gerichts sinngemäss.

3Verstösst ein Elternteil wiederholt oder in schwerwiegender Weise gegen eine rechtskräftige Vereinbarung, kann das Gericht auf Antrag diese so abändern, wie sie im längerfristigen Interesse des Kindes liegt. Es bezieht dazu die Auffassung des Kindes in angemessener Weise ein.

4Stirbt ein Elternteil oder ist er nicht mehr erziehungsfähig, geht die elterliche Verantwortung auf den anderen Elternteil über, ausser es sprechen wichtige Gründe dagegen.

 

nArt 298 ZGB Entscheidungen für das Kind

1Der Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält, kann alltägliche sowie dringliche Entscheidungen für das Kind alleine treffen.

2Wichtige Entscheidungen für das Kind sind von beiden Elternteilen gemeinsam zu treffen.

3Die Eltern tragen dabei den Interessen des Kindes Rechnung und berücksichtigen dessen Wünsche nach Massgabe seines Alters.

4Bei Uneinigkeit der Eltern gelten die Bestimmungen über die Pflicht zur Teilnahme an einem Vermittlungsverfahren und die Zuständigkeit des Gerichts sinngemäss.

 

nArt. 218 StGB  Beeinträchtigung der Beziehungen zum anderen Elternteil

1Wer das Verhältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Aufgabe der erziehenden Person erschwert, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldbusse bestraft.

 

Anzupassende Artikel

Art 256.1 ZGB  Anfechtung der Vaterschaft
(ergänzt)
3. von wer glaubhaft machen kann, dass er der Mutter zwischen dem 180. und dem 300. Tag vor der Niederkunft beigewohnt hat.

 

Art 256c.1 ZGB  Klagefrist

Der Ehemann bzw. der vermutete Vater hat die Klage binnen Jahresfrist einzureichen, seitdem er die Geburt oder die Tatsache erfahren hat, dass er nicht der Vater ist oder dass ein Dritter der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat.

 

nArt 275a ZGB   Informationspflicht

1Die Eltern haben sich gegenseitig über Vorkommnisse, die für das Kind wichtig sind, zeitnah in Kenntnis zu setzen.2Sie können bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei Lehrkräften oder Ärzten, Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen.

 

nArt 310 Abs. 3 ZGB   Aufhebung der elterlichen Obhut

3Sind die Gründe, die zum Entzug des Kindes von seinen Eltern geführt haben, nicht mehr gegeben, ist das Kind seinen Eltern zurück zu geben, ausser es sprechen wichtige Gründe dagegen.

 

nArt 311 Abs. 4 ZGB  Entziehung der elterlichen Verantwortung

4Sind die Gründe, die zum Entzug der elterlichen Verantwortung geführt haben nicht mehr gegeben, ist diese den betroffenen Elternteilen wieder einzuräumen.

 

nArt. 220 StGB  Missachtung der Betreuungsaufgaben

1Wer dem anderen Elternteil (oder einer behördlich bzw. gerichtlich bezeichneten Person zur Ausübung der Verantwortung für das Kind) die Wahrnehmung seiner Betreuungsaufgaben gegenüber dem Kind ohne wesentlichen Grund verweigert oder verunmöglicht, oder dazu Beihilfe leiset, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldbusse bestraft.

 

V. 3.2 / 19.4.09 

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